Netzwerkerin mit Silber und Gold

 

Schmuckdesign von Theresa Zellhuber

 

LENA NAUMANN

 

„To live is to connect.“ Dieser Studentenspruch beschreibt eine Realität, die im Zeitalter des Internets in großem Maße unser Alltagsleben bestimmt: Wir verbinden uns. Ständig, überall, auf vielfältigste Weise. Über Stromnetze, Rechnernetze, Telefonnetze, Verkehrsnetze, Schienennetze bis hin zu den sozialen Netzwerken. Das Individuum verlässt freiwillig und manchmal auch unfreiwillig den privaten, isolierten Raum und verknüpft sich mit anderen Individuen zu strukturierten Systemen, mit denen es immer wieder neue Organisationsformen bildet. Belegte man das 19. Jahrhundert noch mit dem Begriff Industriezeitalter und nannte das späte 20. das Informationszeitalter, wird man vom 21. in der Zukunft vielleicht als Netzwerkzeitalter sprechen. Wer früher Seilschaften pflegte, betreibt heute Networking, unterstützt von technischen Systemen wie Email, Facebook oder Twitter, die zu Beginn dieses Jahrhunderts auf den Markt kamen und das menschliche Bedürfnis, sich zusammen zu tun, um gemeinsam stärker zu sein als allein, in früher unvorstellbarer Weise technisch unterstützen.

Networking ist ein Begriff, der meist im übertragenen Sinne verstanden wird und Menschengruppen bezeichnet, die sich in verschiedenen Systemen miteinander verbinden. Doch kann man den Begriff des Netzwerkens auch ganz wörtlich, ganz im ursprünglichen Sinne verstehen. So wie die Schmuckdesignerin Theresa Zellhuber. Sie wirkt Netze aus Metallfäden und gestaltet daraus einen Schmuck, der das Thema unserer Zeit überaus ästhetisch umsetzt.

 

Verbindungen schaffen

 

Theresa Zellhuber kam auf Umwegen zur Kunst. Nach einem Studium der Rechtspflege arbeitete sie zunächst einige Jahre bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht München. Es waren die Geburt ihrer drei Kinder und das Erleben physischer Kreativität, welche ihr den Zugang zur Kunst eröffneten. In den 1990er Jahren schuf sie zunächst Bilder in Acryl und arbeitete als Bildhauerin. Von Theresa Zellhuber stammt die berührende Frauenfigur an der Grabstätte für totgeborene Kinder des Krankenhauses Landshut-Achdorf – eine Mutter, durch deren Körper ein Riss geht als Ausdruck des Schmerzes über den Verlust des Kindes, das tot vor ihr liegt.

Neben Malerei, Bildhauerei und Installation entwickelte Theresa Zellhuber in den vergangenen Jahren ein zunehmendes Interesse am Thema Schmuckdesign, das sie seither mit großer Beharrlichkeit verfolgt und worin sie schon längst ihre ganz eigene Sprache gefunden hat.

 

Man sagt Frauen nach, sie seien beziehungsorientierter als Männer. Es ist genau dieser Punkt, der für das Wesen von Theresa Zellhubers Schmucksprache typisch ist und der sich mit dem großen Zeitthema des Netzwerkens berührt. Das Wort Netz leitet sich ab vom lateinischen nodus (Knoten). Über Verknüpfungen schafft die Designerin neue Beziehungen: ungewöhnliche Verbindungen unterschiedlichster Materialien ebenso wie Geflechte, bei denen sie Gold-, Silber- und Lackdrähte, aber auch Lederbänder und Papiergarn zu ätherisch schönen, filigranen, zarten und trotzdem erstaunlich robusten Schmuckstücken verarbeitet. Dabei bedient sie sich einer ungewöhnlichen Technik: Sie arbeitet mit der Strickliesel und macht aus dünnen Edelmetalldrähten Ketten, aus denen anschließend Ringe, Armreifen, Colliers oder auch Manschettenknöpfe entstehen. Die Verwendung der Strickliesel ermöglicht das Netzeknüpfen nicht nur in zwei, sondern in drei Dimensionen. Diese Technik ist in der aktuellen Schmuckgestaltung einzigartig – ebenso wie die Fähigkeit der Designerin, das Gestrick in Bilder zu übertragen und gleichsam aus jedem Teil eine eigene Skulptur zu gestalten. In jüngster Zeit sind auch Arbeiten in Häkeltechnik entstanden, was im Schmuckdesign ebenfalls sehr ungewöhnlich ist.

 

Altes Herstellungsverfahren

 

Die Technik des Kettenstrickens gab es bereits in der Antike. Schon damals hat man feinen Golddraht herzustellen gewusst und zu Schmuckstücken verarbeitet. Wenn auch nicht in dem Umfang und der Konsequenz, mit denen sich Theresa Zellhuber heute dieser Technik widmet. Aus dem Mittelalter sind Kettenhemden der Ritter bekannt; sie schützten die Kämpfenden vor Verletzungen durch Schwertschläge.

 

Theresa Zellhuber hat die Kettengoldschmiedetechnik in den Jahren 2007 bis 2011 von Hans Kasper gelernt, einem achtzigjährigen Goldschmiedemeister, der viele Jahre als technischer Leiter der Goldschmiedeschule Pforzheim tätig war. Er brachte ihr sämtliche handwerklichen Fertigkeiten und technischen Raffinessen bei, die für das Herstellen feiner und grober, dünner und dicker, dichter und lockerer Metallketten notwendig sind.

Mittlerweile verstrickt Theresa Zellhuber längst nicht mehr nur Gold- und Silberdraht oder Drähte aus Kupfer, Edelstahl, Titan, lackiertem Metall, Lederband und Papiergarn. Die Lust der Designerin am Verbinden und Kombinieren kennt keine Grenzen. Sie arbeitet in ihre Ketten jedes nur erdenkliche Material hinein: Perlen, Holz, Diamanten und Edelsteine, Natursteine, Schaumkorallen, Lavasteine oder Stoff. Besonders schwört sie auf die Aura feiner Edelhölzer, ist begeistert von den Farben etwa bei violettem Amaranth, pechschwarzem Ebenholz und den einzigartigen Maserungen, wie man sie bei Zebrano, Pernambouc, Palisander, Schlangenholz oder Palmholz findet. Die Phantasie der Designerin ist unerschöpflich. Immer wieder denkt sie sich neue Kombinationen aus. Ihre Ideen entwickeln sich weiter. Neue Materialien inspirieren Theresa Zellhuber zur Veränderung und Weiterentwicklung bisheriger Formen. Durch die Verbindung höchst unterschiedlicher Stoffe wie z. B. Silber und Holz entstehen reizvolle Kontraste, die dem Schmuckstück Einzigartigkeit und Spannung verleihen. Viele Schmuckstücke erhalten ihr gewisses Etwas gerade durch diesen Kontrast von Holz und Metall.

Theresa Zellhuber fertigt für ihre Kundinnen künstlerische Unikate nach persönlichen Wünschen, bei denen sie Form, Größe, Farbe und Materialien des Schmucks fein auf den Typus der Frau abstimmt – auf ihre Figur, Frisur und Haarfarbe, auf bestimmte Kleidungsstücke oder auch anderen Schmuck, mit dem das neue Stück harmonieren soll. So entsteht ein Gesamtkunstwerk aus Person, Kleidung und Geschmeide.

Erstmals in 2013 präsentierte die Designerin ihre Schmuckstücke in einem Jahreskalender. Diesen Schmuckkalender mit den neuesten Arbeiten auf dem Titelbild und den zwölf Monatsblättern wird es auch für 2014 geben.

 

Was macht die große Schönheit dieses Schmuckdesigns aus? Vielleicht ist es die Regelmäßigkeit einer gestrickten Kette. Menschen lieben klare Ordnungsstrukturen. Sie vermitteln ein Gefühl von Kohärenz und Sicherheit. In den Arbeiten von Theresa Zellhuber werden Klarheit und Ordnung der Kettenstruktur immer wieder aufgebrochen von ungewohnten Formen und Materialien der ergänzten Designelemente. Das erweitert unsere Sehgewohnheiten und macht das Tragen der filigranen Kostbarkeiten zu einem besonderen Erlebnis.

 

INFO

Atelier Zellhuber

Theresa Zellhuber

Boschstr. 3

84144 Geisenhausen

Tel     : 0 87 43 / 96 99 26

Mail   : zellhuber.theresa@t-online.de

Home: www.atelier-theresa.de

 

 

Bildunterschriften:

 

Collier Isabella  Silber, 750 Gelbgold, geschwärzt – Wechselmechanik -, Silber geschwärzt mit 750 Gelbgold-Kugel

 

Collier  Silber, gestrickt mit Svarowski-Kugeln, Steckverschluss

 

Collier Anuschka  Silber geschwärzt mit 750 Gelbgold-Kugeln, Magnetverschluss

 

Colliers Viola mit verschiedenen Verschlüssen. Silber mit Onyxkugeln, Silber geschwärzt

 

Collier Barbara  Leder und Silber mit Magnetverschluss

 

Collier und Armreif  Silber gehäkelt, Collier teilweise goldplattiert

 

Edelstahlgestrick  Silberschloss vergoldet

 

Manschettenknöpfe  Silber, mit Strickeinlage, mit Häkeleinlage, mit Edelholz

 

Ringe  Silber und Silber geschwärzt, mit Goldabschnitten

 

Ring  Silber, geschwärzt, mit Goldstreifen in Platte

 

Armband  Silber, Magnetverschluss

 

„Galaabend“  Spitzenhandschuhe und Fliege, Silber, gestrickt

 

(Das Logo irgendwo auf die Seite oder in den Info-Kasten hinein setzen)

 

Theresa Zellhuber

Mundus 4.2013